Ladislaus und Annabella
Ladislaus und Annabella
von James Krüss (1926)
In der Ecke eines Fensters
Unten rechts im Warenhaus,
Sitzt die Puppe Annabella
Mit dem Bären Ladislaus.
Annabella weint und jammert,
Ladislaus, der grunzt und schnauft:
Weihnachtsabend ist gekommen,
Und die zwei sind nicht verkauft.
"Armer Bär!" seufzt Annabella,
"Arme Puppe" schluchzt der Bär.
Tränen kullern in die Ecke,
Und das Herz ist beiden schwer.
In dem leeren Warenhause
Löscht man langsam Licht um Licht,
Nur in diesem einen Fenster,
Da verlöscht die Lampe nicht
Voller Mitleid mit den beiden
Läßt der brave alte Mann
Von der Wach- und Schließgesellschaft
Diese Lampe an.
Dann verläßt er Annabella
Und den Bären , welcher klagt,
Und mit sehr gepreßter Stimme
"Lebewohl" und "Servus" sagt.
In der menschenleeren Straße,
Abendstill und schneeverhüllt,
Sind die beiden in dem Fenster
Ein betrüblich Jammerbild.
Traurig vor der großen Scheibe
Fallen Flocken, leicht wie Flaum,
Und im Haus gegenüber
Glänzt so mancher Lichterbaum
Zehn Uhr schlägt's vom nahen Turme,
Und fast schlafen beide schon,
Da ertönt im Puppenhause
Laut das Puppentelefon.
"Hallo!" fragt der Bär verschlafen.
"Hier im Kaufhaus. Wer ruft an?"
Da vernimmt er eine Stimme,
Und die brummt: "Der Weihnachtsmann!"
Oh!" ruft Ladislaus erschrocken.
"Was darf's sein ich bitte sehr?"
"Eine schöne Puppenstube,
Eine Puppe und ein Bär!"
"Das ist alles noch zu haben!"
Ruft die Puppe Annabella.
"Kommen Sie zum Warenhause
Unten rechts, doch bitte schnell!"
Das ist eine Überraschung!
Ladislaus kämmt schnell den Schopf
Und die Puppe Annabella
Flicht ein Schleifchen in den Zopf.
Und schon zehn Minuten später
Kommt ein Schlitten, kommt ein Roß,
Und ein Alter steigt vom Schlitten,
Und ein Schlüssel knarrt im Schloß.